100 Jahre Tilsiter und eine Markenbotschafterin, die sich nie offiziell Olympiasiegerin nennen durfte
Ende der 80er-Jahre wird die Schweizer Freestyle-Skierin Conny Lehmann Kissling Tilsiter-Markenbotschafterin. Die Solothurnerin durfte sich nie offiziell Olympiasiegerin nennen. Warum, verrät der siebente Teil unserer Geschichtsserie. Und es steht ein Jubiläum an: 1993 gibt es den Tilsiter schon stolze 100 Jahre! Verfolgen Sie die nächsten 20 Jahre des Tilsiters:
Im Jahr 1983 wurde die Versuchskäserei Herdern in Betrieb genommen.
1984 sollte es eine spezielle Etikette für den RohmilchTilsiter «extra reif» (heute Surchoix) mit Goldschrift geben. Diese wird aber leider abgelehnt.
1985 Obwohl der Absatz des Tilsiters noch immer auf sehr hohem Niveau ist, gibt es zunehmende Diskussionen zum Thema Absatzeinbussen. Bei mittlerweile stagnierendem ProKopfKonsum ist und bleibt der Hauptfokus bei der Mengenfrage.
1987 Jede angestossene Reform der Tilsiter Marktordnung (TMO) führt unweigerlich zu Gewinnern und Verlierern und löst damit Kritik aus. Es gibt immer mehr Spannungen zwischen Sorteninteressen und Eigeninteressen. Alle wichtigen Entscheide laufen über den Geldbeutel und sind auf den Nutzen der einzelnen Gesellschafter der TMO ausgerichtet.
1988 wird darüber diskutiert, ob Tilsiter generell gewaschen, abgezogen und mit Foodplast versehen werden soll. Damit hätte man das Problem der oftmals stinkenden Käserinden aus dem Weg räumen können. Aus Kostengründen konnte dieser sehr pragmatische Ansatz bis heute nicht realisiert werden.
1988 ist auch das Jahr, in dem eine EpidemieVersicherung für Produzenten und Händler abgeschlossen wird.
Conny Kissling wird Tilsiter-Markenbotschafterin
Die Skiakrobatin Conny Kissling wird Tilsiter-Markenbotschafterin und SponsoringPartnerin. Sie gilt noch heute als erfolgreichste Freestyle-Skierin überhaupt. Als Skiakrobatin setzte sie sich 1992 bei den Winterspielen in Albertville im Ballett gegen sämtliche Konkurrentinnen durch. Weil es sich damals jedoch nur um einen Demonstrationswettbewerb gehandelt hatte, durfte sich die Solothurnerin nie offiziell Olympiasiegerin nennen.
Das «SRF» hat einen Beitrag über die ehemalige Schweizer Freestyle-Skierin und Tilsiter-Markenbotschafterin produziert, in dem sie auf ihren ungewöhnlichen Sport zurückblickt.
1991 Immer wieder wird nach Möglichkeiten gesucht, etwas gegen TilsiterSubstitutionsprodukte zu unternehmen. Für die Tilsiter Marktordnung wird eine eigene Rechtspersönlichkeit geschaffen. Am 28. Oktober folgt dann die Gründung der neuen TMO.
1993 wird gefeiert: Das Jubiläums-Werbekonzept 100 Jahre Schweizer Tilsiter kommt mit JubiläumsLogo, modernen Strassenplakaten, PRInseraten, JubiläumsEtiketten, einem «Tilsiter und Mostschiff» auf dem Bodensee sowie TilsiterAktionen und Promotionen daher. Im Juni gibt es einen grossen Festanlass auf dem Holzhof und es wird eine PRReise mit Presse nach Sowetsk, dem ehemaligen Tilsit in Ostpreussen, durchgeführt.
Die Exportmarke Royalp Switzerland heisst jetzt neu «Tilsiter Switzerland». Der Tilsiter bekommt auch ein neues Logo und der Begriff «SWITZERLAND» wird integriert.
1994 Kooperation mit SSG, die Plüschkühe rot und grün treten unter dem Motto «grösster Kuhhandel der Schweiz» auf.
1995 wird ein BioReglement und BioMarkenvertrag erstellt.
1996 Bruno Buntschu wird am 1. November Nachfolger von Walter Diethelm. Karl Fürer wird zum neuen Präsidenten der TMO gewählt und Nachfolger von W. Gerber. Die Produktionsmengen des Tilsiters sinken weiter.
1997 finden erste Vorbereitungsarbeiten und Workshops zur Gründung der neuen privatrechtlich organisierten Sortenorganisation Tilsiter Switzerland GmbH statt.
Tilsiter entwickelt sein erstes Fertig-Fondue und bringt es auf den Markt.
Die Tilsiter-Lokomotive fährt durch die Schweiz und der Tilsiter-Heissluftballon erobert die Lüfte
1997 Tilsiter schliesst einen Sponsoringvertrag mit den SBB ab: Die «Tilsiter-Lokomotive» fährt von nun an ein Jahr lang auf der Strecke Rorschach–Zürich–Genf und zurück.
1998 erfolgt die offizielle Gründung der neuen SO Tilsiter Switzerland GmbH. Das «Tilsiter Switzerland»-Logo wird einer leichten Modernisierung unterzogen und es werden neue Tilsiter-KaseinMarken mit Tilsiter-Kühen eingeführt.
Die zugesprochenen Bundesmittel reduzieren sich massiv und damit gehen sinkende Produktionsmenge einher.
1998 war auch das Jahr, in dem man Kühe in der Luft bestaunen konnte: Vielleicht erinnert sich der ein oder andere noch an den überdimensionalen Tilsiter-Heissluftballon?
Tilsiter in der Schweiz hatte schon immer ein Manko in Bezug auf Heimat, das Appenzeller, Emmentaler und Gruyère aufgrund ihrer klaren Herkunft nie hatten. Das neue Tisiter-Werbekonzept sah deshalb vor, die bekanntesten Elemente von Tilsiter, die rote und grüne Doppelkuh sowie die Farben Rot und Grün, dem Publikum direkt näherzubringen. Ein überdimensionierter Heissluftballon in Form eben dieser rot-grünen Doppelkuh wurde gebaut und im Rahmen eines schweizweiten Wanderprogrammes am Himmel sichtbar eingesetzt. Diese Auftritte, vorwiegend im Umfeld von Grossanlässen wie Zürifest, Seenachtsfeste, Sportveranstaltungen und grosse Messen, waren nicht nur in der Luft sichtbar, sondern wurden am Boden durch einen mobilen Tilsiter-Käsekiosk für Degustationen unterstützt. Der grosse Ballon war auch Hauptelement von drei TV-Spots mit Fahrten über bekannte Landschaften in der Schweiz und stand damit für etwas, das einfach zur Schweiz gehört.
Am 1. Januar 1999 werden die TMOGeschäfte durch die SO Tilsiter Switzerland GmbH übernommen.
Die Produktionsmenge unterschreitet 6000 Tonnen/Jahr. Dieser Trend setzt sich über die kommenden Jahre bis in die heutige Zeit fort, wobei die Menge von 3000 t pro Jahr erstmals im Jahr 2017 unterschritten wird.
2001 Unter dem Einfluss der neuen Rahmenbedingungen kommt es zu einem dramatischen Exporteinbruch.
Die neue Exportmarke «AlpenTilsiter Switzerland» wird eingeführt.
Im nächsten Teil unserer Serie berichtet der ehemalige Tilsiter-Präsident Karl Fürer über seine aufregende Zeit, die viele Veränderungen mit sich brachte.